Als Pfarrer der evangelischen Hoffnungsgemeinde und in Abstimmung mit meinem Kollegen und dem katholischen Pastoralteam darf ich jetzt ein paar Worte sagen als Vertreter der Kirchen, die ja gleich da drüber nebeneinander liegen.
Es gibt traditionell für jedes Jahr einen Bibelvers, der ökumenisch ausgesucht wird: die sog. Jahreslosung. Die heißt für 2025: „Prüft alles und das Gute behaltet!“ Der Apostel Paulus empfiehlt das seiner Gemeinde in Thessaloniki und ich finde, er passt auch 2000 Jahre später in unser Land in diesem Wahljahr. „Prüft alles und das Gute behaltet!“
Natürlich ist die spannende Frage: Was ist denn das Gute? Das werden unterschiedliche Menschen sicher auch unterschiedlich beantworten. Bei christlich, jüdisch und muslimisch geprägten Leuten schwingt dabei ihre Vorstellung von Gott mit, den sie als menschenfreundlich beschreiben.
Das Gute ist daher auf Zusammenhalt, Solidarität und Füreinander-Dasein ausgelegt – und nicht auf Spaltung, Engführung auf eine Nation und Schüren von Ängsten!
Gerade haben die Christen Weihnachten gefeiert – und darin ihren Glauben, dass sich Gott in der Geburt eines Flüchtlingskindes zeigt und wo es um nichts mehr geht als um die Botschaft von Liebe und Menschlichkeit!
In diesem Sinne weise ich auch gerne auf den nächsten Chorweiler Abendfrieden hin, in dem ja viele Kultur- und Religionsgruppen sich um die Friedensglocke versammeln und abwechselnd die Gestaltung übernehmen. Übermorgen – am Freitag, den 10. Januar – wird er um 16.30 Uhr hier auf dem Pariser Platz von der katholischen Gemeinde und den Sternsängern gestaltet. Diakon Michael Oschmann steht ja hier neben mir, der hier in Chorweiler sozialdiakonisch sehr aktiv ist.
„Prüft alles und das Gute behaltet!“ Für mich ist klar: Alles, was mit dieser Veranstaltung im Bürgerzentrum zusammenhängt, macht mir große Sorgen; was mir dagegen Mut macht, ist genau so etwas wie der Chorweiler Abendfrieden und auch, was hier gerade auf diesem Platz passiert: Dass sich hier Menschen versammeln, die für unsere rechtsstaatliche und Minderheiten-schützende Demokratie eintreten wollen. Was ist das Gute? Das ist das Gute!
Ich möchte schließen mit einem Gedanken, der das Prüfen auch auf sich selbst bezieht: Lasst uns selbstkritisch bleiben. Das sage ich in erster Linie im Blick auf die nicht ruhmreiche Geschichte meiner eigenen Kirche, die noch vor hundert Jahren eher für die Monarchie war als sich tatkräftig für die junge Weimarer Republik stark zu machen. Heute gilt es für alle, sich zu fragen, wo wir vielleicht zu selbstverständlich voraussetzen, dass wir in einem Land leben, in dem die Regierenden kritisch hinterfragt und kontrolliert werden können! Das ist den Rechtspopulisten nämlich ein Dorn im Auge! Sich selbstkritisch prüfen bedeutet auf der anderen Seite, dass wir offen bleiben für das Gespräch auch mit Andersdenkenden: Eine Gefahr für die Demokratie wäre es nämlich auch, wenn wir uns immer nur in unserer Blase unsere eigenen Positionen bestätigen.
In diesem Sinne: „Prüft alles und das Gute behaltet!“
Volker Hofmann-Hanke